Herzlich Willkommen auf hanshegner.de

  Start           Übersetzungen           Über Hans Hegner           CDs und Veröffentlichungen           Kontakt



Süßkind von Trimberg

Walther von der Vogelweide

Hier werden in der nächsten Zeit nach und nach die Übersetzungen von Hans Hegner eingestellt.

Süßkind von Trimberg

Kein bezzer latwêrje

Kein bezzer latwêrje nie gemachet wart,
als ich lêr und künde von sinneclîcher art,
gesunt ze laster wunden und ze schanden süchten.
Mit fünf bîmenten rein sol sî gemenget sîn:
triuwe unde zucht, milte unde manheit hœrt dar în,
dâ bî sol mâze bülvern, smecken unde trüchten.
Dise latwêrje ist êr genant,
ein bals ob allen spîsen.
mit ir wirt schanden nôt entrant –
si zimt nicht dem unwîsen.
Wem si wonet stæte bî,
der ist vor houbetschanden frî.
wol im, des lîp der latwêrjen büchse sî:
sîn reinez lop, sîn hôher nam
wirt blœjen unde früchten.

Die beste Speise

Kein besserer Latwerg wurde jemals zubereitet,
wie ich Euch lehren und berichten werde mit Verstand,
heilsam für die Wunden, die das Laster schlug
und für die Leiden, *die aus der Schande sind erwachsen.
Mit fünf Gewürzen sei er angerührt:
mit Treue, wohlerzogner Art, Freigiebigkeit und Mut,
dazu soll sich das rechte Maß als feines Pulver
gut verteilen, soll schmecken und bekommen.
Dieser Latwerg wird Ehre genannt,
ein Balsam über allen Speisen.
Mit ihm entgeht man aller Schande Not –
der Dumme hat ihn nicht verdient.
Wer ihn beständig in sich trägt,
der ist von Schmach und Schande frei.
Wohl ihm, der diese Speise in sich aufgenommen hat:
Das reine Lob, das ihm gebührt, und auch sein Ruhm
wird blühen und wird Früchte tragen.


Hât rîcher mel

Hât rîcher mel, der arme dâ bî eschen hât,
dar an gedenke ein wîser man, daz ist mîn rât –
und lâz dir nicht den armen sîn
ze smæhe zeinem friunde.
Vil lîchte kumet diu stunde, daz er sîn bedarf,
dâ von sî rîcher gen dem armen nicht ze scharf –
kuo sunder hagen
den sumer nicht wol getuon künde.
Wie man den esel hât unwert,
doch was er ie gereite,
wâ man ie sînes dienstes gert,
daz er in nie verseite.
Hette nieman zuo armuote pflicht,
der rîchen rîchtuom wær ein wicht –
wer solt dann dienen, ob der arme wære nicht?
guot was ie daz baste,
daz man den sac dâ mit verbünde.

Mehl und Asche

Der Reiche hat das Mehl,
der Arme hat die Asche,
das soll ein kluger Mann bedenken
und drum den Armen nicht als Freund verschmähen.
Es mag die Stunde kommen,
wo er dessen Hilfe nötig hat –
die Kuh ohne den Stier gäbe uns keine Milch.
Wie man den Esel auch gering erachtet,
so stand er stets bereit,
und wenn man seine Dienste brauchte,
versagte er sie nie.
Wäre niemandem Armut auferlegt,
hätte des Reichen Reichtum keinen Wert –
wer wollte dienen,
wenn es keinen Armen gäbe?
Der Bast war immer gut genug,
dass man den Sack damit verschnürte.


Wer adellîchen tuot

Wer adellîchen tuot, den wil ich hân für edel –
wie man sîns adels achtet nicht gen eime zedel,
nu sicht man doch bekomen rôsen von dem dorne.
Wâ sich mischet vil untugenden zuo dem adel,
dâ mag daz adel kleit wol werden ze einem hadel,
nicht guot dem mel, dâ vil getreffes ist under korne.
Wâ adel tuot adellîcher tât,
der adel liutert immer –
wâ adel arkeit vil begât,
verhouwet guot gezimber.
Wer nicht sî von hôhem namen
und sich untugenden welle schamen,
dar zuo sîn ding zuo dem besten kan gezamen,
den heiz ich edel,
wie er nicht sî von adel der geborne.

Herzens Adel

Wer adlig sich verhält,
den will ich auch für edel halten –
so wie man seine edle Herkunft
nicht gering erachtet,
wird man auch sehen,
wie der Dornstrauch Rosen treibt.
Dort aber, wo sich schlechte Lebensart
mit edler Herkunft mischt,
wird schnell des Adels Kleid zu einem Lumpen
schlecht wie das Mehl,
wenn es von zu viel Spreu durchsetzt.
Wo Adel handelt gemäß edler Art,
wirkt er stets rein und hell –
wo Adel aber Schlechtigkeit begeht,
zerschlägt er jedes gute Zimmerwerk.
Wer nicht von hoher Herkunft ist,
sich aber schlechter Dinge schämt
und seine Sache vorzüglich beherrscht,
den nenn ich edel,
auch wenn er nicht von Adel ist geboren.


Gedenke nieman kan erwern

den tôren noch den wîsen,
dar umbe sint gedenke frî
ûf aller hande sache –
herz unde sin dur gemach
dem menschen sint gegeben.
Gedenke anslîfen dur den stein,
dur stahel und durch îsen,
gedanc klein achtet,
wie die hant diz und daz gemache,
wie man gedenke nie gesach,
si noch hôrte streben.
Gedanc ist sneller über velt
denn der blic eines ougen.
gedanc glust bringet nâch der minne gelt,
nâch der gesichte tougen.
gedanc kan wol ob allen arn
hôch in dien lüften sweben.

Gedanken

Gedanken kann niemand verwehren
den Narren noch den Weisen,
darum sind die Gedanken frei,
egal worauf sie sich beziehen –
dem Menschen sind zu seinem Glück
Herz und Verstand gegeben.
Gedanken schlüpfen durch den Stein,
durch Stahl wie auch durch Eisen,
und ein Gedanke muss kaum Sorge tragen,
wie die Hand etwas vollführt,
so wenig, wie man die Gedanken
jemals kommen sah noch hörte.
Schneller als ein Augenblick
fliegt ein Gedanke übers Land,
er bringt uns Sehnsucht nach der Liebe Lohn
und danach, was verborgen ist, zu sehen.
Er kann wohl über allen Adlern
hoch in den Lüften schweben.


Irs mannes krôn

Irs mannes krôn ist daz vil reine (süeze) wîp
iemer in wol êret ir vil werder lîp.
er sælig man, dem (dâ) diu guote sî beschert!
Der mag ân zwîvel mit ir sîniu jâr
willeclîch vertrîben stille und offenbâr –
er sich mit ir sünden unde schanden wert.
Mit hôher stæt ist sî bedacht,
ir liecht fiur löschet nicht in nacht,
ir hôhez lop mit der meisten menge vert.

Des Mannes Krone

Des Mannes Krone ist die edle, reine Frau,
und immer schmückt sie ihn
mit ihrem hohen Wert –
glücklich sei er,
dem die Vortreffliche zuteilgeworden!
Der kann wohl ohne Zweifel
seine Lebensjahre freudig mit ihr teilen,
zu zweit verborgen wie vor aller Augen,
denn mit ihr schützt er sich
vor Sünde und vor Schande.
Mit Treue und Beständigkeit ist sie beschenkt,
ihr helles Feuer erlischt nicht in der Nacht,
und höchstes Lob begleitet sie bei allen Leuten.


Ein Wolf

Ein wolf vil jaemerlîchen sprach:
"wâ sol ich nû belîben,
sîd ich dur mînes lîbes nar
muoz wesen in der âchte? –
dar zuo sô bin ich (her) geborn,
diu schult, diun ist nicht mîn.
Vil manig man hât guot gemach,
den man sicht valscheit trîben
und guot gewinnen offenbar
mit sündeclîcher trachte –
der tuot vil wirser dann, ob ich
(mir) naeme ein genselîn.
Jôn hab ich nicht des goldes rôt
ze gebenne umbe mîne spîse,
des muoz ich rouben ûf den lîb
durch hungers nôt –
der valsch in sîner wîse
ist schedelîcher vil dann ich
und wil unschuldig sîn!"

Der Wolf

Ein Wolf in tiefstem Kummer sprach:
"Wie soll ich nur mein Dasein fristen? –
Nur, weil ich mich ernähren muss,
leb ich in Acht und Bann.
Ich bin nun mal als Wolf geboren,
es ist nicht meine Schuld.
So mancher hat Bequemlichkeit,
der böse Dinge treibt
und offensichtlich Gut erwirbt
auf unredliche Art.
Der tut viel schlimmer doch als ich,
wenn ich ein Gänslein nehme.
Ich habe nicht das rote Gold,
um meine Speise zu bezahlen,
drum muss ich rauben, wenn mich Hunger quält,
für's schiere Überleben. –
Der Unehrliche in seiner Heuchelei
bringt viel mehr Unheil doch als ich
und will unschuldig sein!"


Vil manger muoz bescheiden

Vil manger muoz bescheiden wesen dur die nôt,
der unbescheiden wære, wan daz im gebôt
sîn meisterschaft, daz er unfuoge müeste lâzen.
Dâ bî sô næm ouch meniger
gernde den gesuoch –
daz lieze er nicht dur got noch
dur der liute fluoch,
wan daz er hât des houbetguotes al ze mâzen.
Und daz der esel hæte horn,
die liute er nider stieze –
möcht kokedrille sînen zorn,
nieman ez leben lieze.
Stüent an wolfen gar diu kür,
vil schâfen man dar an verlür.
diep wolte, daz beslozzen wurde niemer tür,
der bœse wolte, daz der biderbe wær verwâzen.

Lob des Verbots

Manch einer lernt sich zu bescheiden
durch den Zwang,
der unrecht handelte,
wenn man es ihm nicht durch Gesetz
verbieten würde.
Auch wollte mancher gerne Wucher treiben,
hätt' er nur Geld dazu im Überfluss –
und weder Gottes Wort
noch der Zorn der Leute
hinderten ihn daran.
Hätte der Esel nur ein Horn,
er stieß die Menschen nieder –
ließ man dem Krokodile seinen Zorn,
käm keiner lebend wieder.
Ließ man dem Wolfe freie Hand,
gäb's keine Schafe mehr im Land.
Es forderte der Dieb,
dass keine Türe mehr verschlossen wäre,
es forderte der Böse,
dass man den Guten brächt' um seine Ehre.


Küng hêrre

Küng hêrre, hôchgelopter got,
waz dû vermacht!
du liuchtest mit dem tage
und vinsterst mit der nacht,
dâ von diu welt vil fröide
unde ruowe hât.
Küng, aller êren
dir noch nie gebrast –
wie den tag
du zierest mit der sunnen glast
und ouch die nacht,
dîns mânen liecht wol stât.
Du bernest himel mit den stern,
dîn schônheit iemer mag gewern –
du hâst ze geben gâbe vil,
der nicht zergât.

Gottes Licht

Herr und König, hochgelobter Gott,
was alles steht in Deiner Macht!
Du strahlst hell mit dem Tage
und wirst dunkel mit der Nacht,
das schafft der Welt die Freude
und die Ruhe.
An Ruhm und Ehre, König,
hat es Dir noch nie gefehlt,
wenn Du den Tag schmückst
mit der Sonne Glanz
und auch die Nacht,
der Du das Licht des Mondes schenkst.
Entflammst den Himmel mit den Sternen,
und Deine Schönheit kann wohl ewig währen –
so viel hast Du zu geben,
was niemals vergeht.


Wâhebûf und Nichtenvind

Wâhebûf und Nichtenvind
tuot mir vil dicke leide,
her Bîgenôt von Darbîân,
der ist mir vil gevaere.
Des weinent dicke mîniu kint,
boes ist ir snabelweide –
si hât si selten sat getân,
Bizûf, die fröidenbaere.
In mînem hûs her Dünnehabe
schaffet mir ungeræte,
er ist zer welt ein müelich knabe.
ir milten, helfent mir des boesewichtes abe,
er swechet mich an spîse und ouch an waete.

Herr Blankenot

Allesfutsch und Nichtsmehrda,
die beiden machen mir kaum Freude,
auch der Herr Blankenot vom Hungertuch
ist böse und gemein.
Drum weinen meine Kinder oft und sehr,
zu mager ist es, was in ihre Schnäbel kommt,
und selten hat sie satt gemacht
Haurein, die Glückliche.
In meinem Haus regiert Herr Knappekasse
und bringt mir Not und Sorgen –
ein lästiger Geselle ist er auf der Welt.
Ihr freigiebigen Herren,
schafft mir diesen Bösewicht vom Hals!
Er raubt mir noch den letzten Bissen
und mein letztes Hemd.


Tôren vart

Ich var ûf der tôren vart
mit mîner künste zwâre –
daz mir die hêrren nicht went geben,
des ich ir hof wil fliehen
und wil mir einen langen bart
lân wachsen grîser hâre:
ich wil in alter juden leben
mich hinnan fürwert ziehen.
Mîn mantel, der sol wesen lang,
tief under einem huote
dêmüeteclich sol sîn mîn gang –
und selten mê gesingen hovelîchen sang,
sîd mich die hêrren scheident von ir guote.

Weg der Narren

Ich wandere den Weg der Narren
mit meiner Kunst, das ist wohl wahr –
weil mir die Herren nichts mehr geben wollen,
lauf ich von ihrem Hof davon
und will mir einen langen Bart
mit grauen Haaren wachsen lassen.
So werd ich denn nach alter Juden Sitte leben
und forthin meiner Wege ziehen.
Mein Mantel, der sei lang und weit,
und unter tief herabgezognem Hut
soll mein Gang gebeugt von Demut sein –
und kaum mehr wird von mir erklingen
höfischer Gesang,
seit mich die Herrn
von ihrem Tisch vertrieben haben.


Wenne ich gedenke

Wenne ich gedenke,
waz ich was ald waz ich bin
ald waz ich werden muoz,
sô ist alle mîn fröide dâ hin,
und wie die tage mîns lebennes
loufen von mir swinde.
Und ist daz nicht ein jâmer
siufzenbernde nôt,
daz ich von tage ze tage
muoz fürchten den tôt,
wie er mich bringe in der
unreinen würmen gesinde.
Wie solt ich dâ bî frô gesîn?
sô ich daz als betrachte,
sô hân ich an dem herzen mîn
michel grôzer achte,
wie daz mîn sêl dort kumber dol –
mit sünden was mir ê sô wol.
almechtig hêrre,
dû bist aller gnâden vol,
(nu) hilf mir, daz mîn sêl dört
vor dir gnâde vinde!

Gedanken ans Ende

Was war ich oder bin ich
oder muss ich werden,
und wie schnell laufen mir
die Tage meines Lebens
gar davon – denk ich darüber nach,
entschwindet mir all meine Freude.
Sollt' ich bei dieser Not
nicht trauern, seufzen, klagen,
dass ich an jedem meiner Tage
fürchten muss den Tod
und wie er mich im Schmutz
den Würmern zugesellen wird?
Wie könnt' ich dabei glücklich sein?
Wenn ich's auf solche Art betrachte,
dann habe ich in meinem Herzen
nur die allergrößte Sorge,
dass meine Seele drüben Leid erdulden muss –
mit meinen Sünden lebte es sich allzu gut.
Allmächtiger Herr und Gott,
Du bist aller Gnade voll,
hilf mir, dass meine Seel'
im Tode vor Dir Gnade finde!


Der tôt

Swie vil daz mensche
zuo der welte guotes habe
und ez gedenket,
wie ez scheiden muoz dar abe
ze leste mit dem tôde,
sô mag ez trûren sêre.
Dâ vor nicht frumt rîchtuom,
geburt von hôher art,
wîsheit, gewalt,
daz müeze an des tôdes vart –
ez darf dâ für nicht suochen
weder rât noch lêre.
Kein meister in nigromanzî
wart nie sô wîser ræte,
daz er ie wurde des tôdes frî,
noch heilig wîs prophête.
Dur den grôzen ungewin
ich dicke gar betrüebet bin,
sô nieman weiz nu,
wâ diu sêle kumet hin,
sô der tôt den lîp ermant,
daz er von leben kêre.

Der Tod